Francesco Siddi ist ein 3D-Generalist aus Italien mit fünf Jahren Berufserfahrung sowohl mit kommerziellen als auch Open-Source-Tools. Derzeit arbeitet er als 3D-Artist und Animator an "Tears of Steel". Außerdem ist er für die Internetpräsenz des Projekts verantwortlich. BlenderDiplom konnte ihn zu seiner Arbeit am neuen Open Movie befragen.
BD: An welchen Teilen von "Tears of Steel" hast du gearbeitet und wie kommt das Projekt voran?
Francesco Siddi: Ich habe Layout-Dateien vorbereitet (dort werden digitale Umgebungen mit Tracking-Daten für Objekte und Kamera zusammengeführt), grundlegende Beleuchtung und Compositing für einige Shots erstellt und mich als Character-Animator betätigt. Außerdem assistiere ich unserem Technical Director beim Pipeline- und Rendermanagement.
Das Projekt kommt gut voran. Wir haben eine gute Übersicht über die Situation und wir können auf die Arbeitsbelastung flexibel reagieren. Das Team ist klein und wir haben eine großartige interne Kommunikation.
BD: Wie sieht die VFX-Pipeline aus, die das Team benutzt?
Francesco Siddi: Die Pipeline ist fast komplett um Blender aufgebaut. Die anfängliche Konvertierung der Footage vom RAW-Format der Sony F65 nach OpenEXR wird über eine proprietäre Software gehandhabt, der Rest geschieht in Blender. Zuerst wird eine eigene Blender-Datei erstellt, in der der Shot getrackt wird. Diese wird zwei mal dupliziert und bildet dann die Basis für Keying & Masking sowie für die Hauptdatei. Dort werden das Layout, Simulationen, Effekte, Beleuchtung und Compositing erstellt. Sobald die Hauptdatei erstellt wurde, werden die Charaktere und das Environment aus der Bibliothek gelinkt, dann wird die Kamera an der richtigen Stelle in der Szene platziert. Sobald das Layout abgenommen ist, kann mit der grundlegenden Lichtsetzung und dem anfänglichen Compositing begonnen werden. Das ist der Punkt, an dem das Setup der einzelnen Renderlayer erstellt wird. Falls Simulationen oder andere Spezialeffekte wie Mündungsfeuer, Explosionen, Nebel et cetera benötigt werden, kommen diese in die gleiche Datei, aber in seperate Szenen. Dieses System erlaubt uns die simultane Nutzung der beiden Render-Engines 'Blender Internal' und 'Cycles'.
Wenn man die Größe des Teams bedenkt, macht es Sinn, die einzelnen Schritte im Workflow so kompakt wie nur möglich zu halten, denn wir können koordinieren an welchem Shot die einzelnen Teammitglieder arbeiten. Eine separate Datei für Animationen wird nur erstellt, wenn sie gebraucht wird und sie beinhaltet hauptsächlich gelinkte Objekte aus den Bibliotheken oder Objekte aus der Hauptdatei, wie die Kamera. Gleichzeitig sind in die Hauptdatei Masken und Actions gelinkt, wodurch sie im Compositor und in Rig-Proxies eingesetzt werden können.
Dieses System erlaubt einige Freiheiten und Flexibilität und hat sich als verlässlich erwiesen.
BD: Wie ist es, Entwickler vor Ort zu haben?
Francesco Siddi: Die Entwickler sind unsere wichtigste Ressource. Die Möglichkeit, direkt mit ihnen in Kontakt zu treten, ist von unschätzbarem Wert. Die Kommunikation von Problemen ist klar, effizient und führt zu großartigen und vor allem praktischen Lösungen in der Software.
BD: Hattest du bisher viele Bug Reports und Feature Requests?
Francesco Siddi: Ich habe einige Bugs über den Bug Tracker eingetragen, damit Unterstützung von außerhalb kommen kann. Ich habe aber auch direkt im Studio den Entwicklern Bugs gezeigt. Manchmal passiert es, dass der Entwickler neben einem sitzt, das Problem direkt in den Quellen beseitigt und in weniger als 5 bis 10 Minuten kannst du an einer neuen Version ohne den Bug weiterarbeiten.
Das Hauptziel des Open Movies ist es, die Entwicklung von Blender voranzutreiben und das bedeutet natürlich jede Menge Feature Requests. Meistens sind es keine großartigen Sachen, sondern eher kleine Verfeinerungen, die den täglichen Workflow angenehmer machen.
BD: Tears of Steel war von Anfang an ein offenes Projekt. Deine Arbeiten werden veröffentlicht, auf dass sie von jedermann studiert werden können. Zusätzlich werden eure wöchentlichen Teamsitzungen ins Internet übertragen und auf YouTube archiviert. Hat das Einfluss auf die Art, wie du arbeitest?
Francesco Siddi: Nicht wirklich, wir haben beschlossen, sehr offen zu sein und alles, was wir wollen, zu teilen, ohne uns groß den Kopf zu zerbrechen. Dadurch wollen wir den “Blog Post Block” überwinden, der uns gleich zur nächsten Frage führt...
BD: Wie geht ihr mit Kritik aus der Community um?
Francesco Siddi: Wenn man regelmäßig Work-in-Progress veröffentlicht, dann bekommt man eine Menge Reaktionen von Leuten, die ganz vergessen haben, dass es sich eben um Work-in-Progress handelt. Manchmal werden gute Punkte angebracht, die merken wir uns natürlich. Grundsätzlich sieht es aber so aus, dass bei dieser Art von Projekten die Erwartungen sehr groß sind und wir nicht immer an die Qualität eines Hollywood Blockbusters heranreichen können. Zum Glück gibt es aber immer wieder aufmunternde und urkomische Kommentare, die uns motiviert halten.
BD: Würdest du in Zukunft lieber offen oder geschlossen arbeiten?
Francesco Siddi: Das kommt auf die Art des Projektes an. Offene respektive von der Community finanzierte Projekte sollten so transparent wie nur möglich ablaufen, dem stimme ich voll und ganz zu. Bei kommerziellen Arbeiten steht hingegen das Resultat und nicht der Prozess im Vordergrund. Es dürfte da nicht so interessant sein zu veröffentlichen, wie die Resultate erzielt wurden.
Dieses Interview erschien im Magazin Digital Production, Ausgabe 1205. Den zugehörigen Artikel zum Open Movie "Tears of Steel" finden Sie hier auf BlenderDiplom. Herunterladen können Sie Artikel und Interview hier im PDF-Format.